Das Rathaus Bülach ist nun auch eine Anwaltskanzlei
von Mark Eberli
Projektleiterin Robine Baumgartner und Stadtpräsident Mark Eberli an einem der Co-Working-Arbeitsplätze. Foto Sibylle Meier
Im Zürcher Unterländer / ZU-Online von Daniela Schenker am 7.10.2021
Bürogemeinschaft und Co-Working
Mit dem Auszug der Stadtverwaltung sind im Rathaus zwei Stockwerke frei geworden. Sämtliche Büros sind vermietet. Nun können auch Einzelarbeitsplätze gebucht werden.
Er verleiht dem Bezirkshauptort fast schon weltstädtisches Flair: der Co-Working Space im ersten Stock des alten Rathauses. Ab sofort können im Gebäude mitten in der Altstadt fünf Einzelarbeitsplätze tage- oder wochenweise gebucht werden – egal, ob zwei Tage im Monat oder jede Woche ein paar Tage. Es ist ein Modell, wie man es aus vielen grösseren Städten kennt – bloss, dass solche Arbeitsplätze an den seltensten Orten mit so viel Charme punkten können wie im über 350-jährigen Bülacher Riegelbau.
In der Buchung inbegriffen ist die Nutzung des Internets, der Küche, der Schliessfächer sowie des Pausen- und Aufenthaltsraums. Das Sitzungszimmer kann bei Bedarf dazugebucht werden. «Wie sehr die Plätze gefragt sind, können wir erst abschätzen, wenn Buchungen möglich sind», sagt Robine Baumgartner von der Wirtschaftsförderung Bülach. Bedürfnisabklärungen im Vorfeld hätten aber ergeben, dass die Nachfrage nach dieser Arbeitsform in Bülach vorhanden sei. Es war die Wirtschaftsförderung, welche die Idee der flexiblen Arbeitsplätze ins Spiel brachte, als im Rathaus nach dem Umzug der Stadtverwaltung zwei Stockwerke frei wurden. «Der Stadtrat ist dieser Idee sehr gerne gefolgt», sagt Stadtpräsident Mark Eberli (EVP). Für ihn sei der Moment der offiziellen Eröffnung eine Art Rückkehr in das ehemalige Zuhause, in dem er sehr gerne gewesen sei: «Wir freuen uns, mit der neuen Nutzung einen Beitrag an die Belebung des Städtlis leisten zu können.»
Buchung und Kosten
Es besteht die Möglichkeit, ein Co-Working-Tagesabo (70 Franken pro Monat) oder ein Co-Working-Monatsabo (425 Franken pro Monat) zu lösen. Im Tagesabo sind zwei Tage Benützung pro Monat inbegriffen, weitere können zum Preis von 35 Franken dazugebucht werden. Im Monatsabo ist zudem die Nutzung des Sitzungszimmers eingeschlossen. Tagesmieter bezahlen dafür 25 Franken pro Stunde. Der Zutritt zum Rathaus erfolgt mittels einer speziellen App auf dem Handy. Detaillierte Informationen zum Angebot gibt es unter www.buelach.ch/co-working.
Anwältin neben Medizinaltechnik
Anwältin Flavia Dudler in ihrem Einzelbüro, Foto: Sibylle Meier
Die flexiblen Arbeitsplätze sind nur ein Teil dieser neuen Nutzung. Im Rathaus werden seit September auch fünf Einzelbüros dauerhaft vermietet. Und diese gingen weg wie warme Semmeln. Gleich zwei Büros hat die Anwältin Flavia Dudler gemietet. «Ich habe mich schon länger mit dem Gedanken getragen, mich selbstständig zu machen», sagt sie. «Diese wunderschönen Räume an dieser Lage waren die Chance, auf die ich gewartet habe.» Ein weiterer Vorteil für die Bülacher Juristin: Das erste eigene Büro liegt in Gehdistanz von ihrem Zuhause.
Die Lage war auch für Regula Hoch ein wichtiger Aspekt. Für die Präsidentin der reformierten Kirchenpflege sind es jetzt gar nur noch ein paar Schritte zwischen Kirche und Arbeitsplatz. «Ein Büro im Städtli war schon immer mein Traum», sagt Hoch. Sie nutzt den schmucken Raum nun auch für die Aktivitäten des Unternehmens «Denkräume», das sie gemeinsam mit Partnerinnen und Partnern betreibt.
Im benachbarten Raum hat sich André Burch eingemietet. Er ist mitten im Aufbau eines Start-ups im Bereich Medizinaltechnik. Der Bachenbülacher ist selber Mitglied der Wirtschaftsförderung Bülach: «Ich finde dieses Pilotprojekt super.»
Leben für die Innenstadt
Sehr angetan vom neuen Leben im alten Rathaus ist auch Mischa Klaus, Präsident des Vereins BülachSTADT.
Mit dem Wegzug der Stadtverwaltung seien dem Stadtzentrum Arbeitsplätze und wirtschaftliche Dynamik entzogen worden: «Ich bin überzeugt, dass die Innenstadt durch dieses moderne Angebot im Rathaus eine Belebung erfahren wird», sagt Klaus. Gleich sieht es Michel Barth, Präsident des Bülacher Gewerbevereins: «Das Projekt hat unsere volle Unterstützung, sodass wir uns entschlossen haben, dass die Miete für die Co-Working-Plätze mit Gewerbegutscheinen bezahlt werden kann.»
Damit sich das Nebeneinander der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer konfliktfrei gestaltet, hat die Stadt Bülach als Vermieterin einen Leitfaden der gegenseitigen Rücksichtnahme erstellt. Aber, so hofft die Projektverantwortliche Robine Baumgartner, es entsteht im Bülacher Rathaus mehr als nur ein Nebeneinander. «Diese neue Art der Nutzung bietet ideale Voraussetzungen für den gegenseitigen Austausch und damit idealerweise auch für neue Ideen.»
